Frauen bilden eine oft unterschätzte Zielgruppe. Dabei sind sie in vielen Bereichen noch immer unterversichert – da gibt es einiges an Nachholbedarf. Was die weibliche Kundschaft beschäftigt und wie du sie am besten ansprichst, erklärt Kim Hahn, Maklerin aus Bad Münstereifel, im Interview.
Redaktion Maklerimpuls: Frauen sind in vielen Lebensbereichen schlechter abgesichert als Männer. Wo klaffen die größten Versicherungslücken?
Kim Hahn: Am gravierendsten ist es bei Renten-, Berufsunfähigkeits- und Unfallversicherungen, im Grunde genommen im gesamten Bereich des Risikomanagements. Aber nicht nur dort gibt es Lücken. Frauen sind grundsätzlich schlechter versichert als Männer und zwar unabhängig davon, ob sie alleinerziehend sind, einen Partner oder eine Familie haben. Gerade in Familien dreht sich alles immer noch primär um die Absicherung des Mannes.
Redaktion Maklerimpuls: Woran liegt das deiner Erfahrung nach?
Kim Hahn: Die alte Rollenverteilung löst sich langsam auf, aber auf Fragen der Absicherung ist das noch nicht durchgeschlagen, selbst wenn die Frau in Vollzeit arbeitet und mehr verdient als ihr Mann. Ganz oft ist auch zu beobachten, dass Frauen erst einmal schauen, ob Familie, Kinder, Enkel gut versichert sind, bevor sie an sich selbst denken. Die Lücke, die für sie entsteht, unterschätzen sie oft. Hier sehe ich auch Maklerinnen und Makler in der Pflicht, Frauen auf dieses Problem hinzuweisen.
Redaktion Maklerimpuls: Hast du ein konkretes Beispiel?
Kim Hahn: Gerade neulich sprach mich wieder eine Kundin an, weil sie eine Unfallversicherung für ihren kleinen Sohn abschließen wollte. Ich sagte: „Gern, aber hast du denn selbst schon eine?“. Hatte sie natürlich nicht. Ihr Mann habe „da irgendetwas“, aber damit waren sie und das Kind nicht abgedeckt, wie sich herausstellte. Das ist ein ganz typischer Fall.
Redaktion Maklerimpuls: Gibt es sonst noch typisch „weibliche“ Fehler, die Frauen in Finanz- und Versicherungsfragen machen?
Kim Hahn: Der grundlegende Fehler liegt darin, die eigene Wertigkeit zu unterschätzen, den Wert der eigenen Arbeitskraft. Manchmal fehlt vielleicht auch ein wenig der Mut, zu sagen: „Moment mal, ich bin die Hauptverdienerin in der Familie, deshalb muss die 100-prozentige Lückenabdeckung mir gelten.“ Natürlich muss auch der Mann mitspielen. Frauen sehen sich in einer Partnerschaft und in der Familie noch zu oft als Kümmerin, die zuerst an alle anderen und dann an sich selbst denkt.
Redaktion Maklerimpuls: Brauchen Frauen in der Beratung eine andere Ansprache als Männer?
Kim Hahn: Unbedingt. Frauen kaufen nicht nur ein Produkt, sie kaufen auch ein gutes Gefühl. Sie wollen die Erfahrung machen, dass sich jemand kümmert. Der Preis ist da manchmal fast schon zweitrangig. Männer sagen: Ich brauche eine Unfallversicherung, die soll diese und jene Leistung haben und nicht mehr als x Euro im Monat kosten, gibt’s so was? Alles klar, Abschluss, Ende. Sympathie ist nicht so entscheidend. Frauen wollen oft erst einmal ihre Sorgen loswerden, wollen sich gut aufgehoben fühlen. Wenn zum Beispiel eine Kundin zum zweiten Mal mit ihrem Hund zu mir kommt und ich weiß noch, wie der Hund heißt, dann signalisiert das, dass ich mich mit ihr beschäftigt habe. Das schafft sofort Vertrauen.
Redaktion Maklerimpuls: Du betonst auch auf deiner Website, dass Kommunikation auf Augenhöhe wichtig ist. Dir als junge Frau fällt das wahrscheinlich leicht. Hast du einen Tipp, wie das auch dem „alten Makler“ gelingt?
Kim Hahn: Das oberste Gebot heißt: Echt sein! Es bringt nichts, einer Kundin gegenüber den Frauenflüsterer zu spielen, wenn ich in Wirklichkeit ganz anders bin, das funktioniert nie. Was aber jeder Mann tun kann, ist: Versuchen, sich in die Kundin hinzuversetzen, auf ihre Lebensweise einzugehen. Wenn ich zum Beispiel merke, dass sie ökologisch interessiert ist, kann ich das gut in die Beratung einfließen lassen. Der zweite ganz wichtige Punkt: Nur versprechen, was du halten kannst. Auf nicht eingelöste Zusagen reagieren Frauen nach meiner Erfahrung noch empfindlicher als Männer.
Redaktion Maklerimpuls: Gehen junge Frauen Finanzfragen inzwischen anders an als die Generation ihrer Mütter und Großmütter?
Kim Hahn: Absolut. Früher waren Finanzen und Versicherungen reine Männersache. Heute wollen viele Frauen in Finanzfragen selbst entscheiden und ihren Bedürfnissen entsprechend beraten werden. Leider gibt es in der Maklerschaft noch immer viel zu wenig Frauen. Auch das ändert sich, aber noch zu langsam. Im Maklerverbund Charta haben wir jetzt übrigens ein eigenes Frauennetzwerk geschaffen. Hier können sich Maklerinnen austauschen, voneinander lernen und sich gegenseitig inspirieren
Kim Hahn ist Inhaberin der Firma Leo Forsbeck