Zielgruppen finden: „Es gibt nicht nur den einen Weg“

In einem immer komplexer werdenden und von Deregulierung geprägten Versicherungsmarkt gibt es für Makler zwei Optionen: Die Spezialisierung oder die Expansion. Jan Roß, Bereichsvorstand Maklervertrieb bei der Zurich Gruppe Deutschland, erklärt, wie du als Makler deine Nische findest. 

Redaktion Maklerimpuls: Jan, du plädierst für eine Spezialisierung der Makler. Schränke ich mich nicht zu sehr ein, wenn ich mich nur auf eine Sparte oder eine Zielgruppe konzentriere?

Jan Roß: Bei den meisten Vermittlern handelt es sich um kleine Büros, Einzelkämpfer oder eine wenige Mann, respektive Frau, starke Belegschaft. Die Frage muss daher lauten: Wie breit kann ich mich mit diesen relativ begrenzten Ressourcen aufstellen? Bin ich in der Lage, in einem immer komplexer werdenden Markt den Überblick zu behalten, mich weiterzubilden und die Beratungsqualität aufrecht zu erhalten? Ich glaube nicht, dass das weiterhin funktioniert. Und spätestens, wenn die Kollegen links und rechts eine zielgruppenspezifische Beratung anbieten, wandern meine Kunden in diese Richtungen ab.

Redaktion Maklerimpuls: Das würde im Umkehrschluss jedoch auch bedeuten, dass ich mich anstatt der Spezialisierung auch für den Ausbau meiner Ressourcen entscheiden kann.

Jan Roß: Absolut richtig. Ich betone immer, dass es nicht nur den einen Weg gibt. Auch Expansion, Kooperation und Zusammenschlüsse sind ein gangbarer Weg, um sich strategisch für die Zukunft zu positionieren. Weiterzumachen wie bisher, ist jedoch keine Option, da bin ich sicher. Und für die meisten Makler ist eine Spezialisierung vermutlich einfacher als die Expansion.

Redaktion Maklerimpuls: Wie finde ich als Makler denn „meine Nische“?

Jan Roß: Langfristig betrachtet ist es empfehlenswert, zu schauen, für welche Themen ich mich selbst begeistern kann, wo ich eine starke Meinung habe oder wofür ich brenne. Wer einfach nur die lukrativste Zielgruppe im Blick hat, wird keinen Erfolg haben, wenn er nicht authentisch ist oder einen persönlichen Bezug zu dieser Zielgruppe hat. Bestes Beispiel sind die Akademiker, auf die sich alle gerne stürzen. Wie aber kann ich eine Ärztin, einen Ingenieur oder ein Architektenbüro beraten, wenn ich mich weder in dem jeweiligen beruflichen Umfeld auskenne, noch etwas vom Lebenswandel dieser Kunden verstehe?

Redaktion Maklerimpuls: Hast du ein Beispiel, wie eine erfolgreiche Spezialisierung eines Maklers aussehen kann?

Jan Roß: Ich habe Ende Juni für meinem Podcast „Optimistisch durch die Krise“ mit Martin Markowsky gesprochen, der sich als Makler auf Hunde und die Bedürfnisse ihrer Halter spezialisiert hat. Manch einer mag jetzt staunen und denken „Das ist aber eine verdammt spitze Zielgruppe“. Ja, ist sie. ABER: Ich kann in der Spitze ja auch wieder breiter werden. Ein Hundehalter hat über sein Hobby hinaus ja einen bestimmten Lebenswandel, benötigt also beispielsweise Unterstützung beim Vermögensaufbau oder bei der Absicherung der Familie. Und schon kann ich wieder die gesamte Klaviatur der Versicherungslösungen bespielen. Spezialisierung bedeutet nicht, sich einzuschränken – im Gegenteil.

Redaktion Maklerimpuls: Letztendlich geht es also darum, den Kunden und seine Bedürfnisse in den Vordergrund zu stellen?

Jan Roß: Ganz genau. Und das klappt immer dann am besten, wenn ich meine Kunden und ihre Bedürfnisse ganz genau kenne – eben weil ich auch ein Hundefan bin, begeisterter Hobbytaucher oder insgeheim ein Computer-Nerd, der sich mit Cybergefahren bestens auskennt. Authentizität ist hier das übergeordnete Stichwort. Ich muss meinen Kunden erkennbar einen Mehrwert bieten – oder aber sie können die Versicherung auch gleich online abschließen.

Redaktion Maklerimpuls: Liegt der Mehrwert gegenüber Direktversicherungen nicht allein schon in der Beratung?

Jan Roß: Den Mehrwert eines Maklers will ich überhaupt nicht in Frage stellen. Nur kennen ihn auch die Kunden? Als Vermittler muss ich den Kunden heute vor allem das Warum aufzeigen können. Warum sollten sie die Absicherung bei mir machen und nicht über das nächstbeste Vergleichsportal? Ich halte es für ratsam, sich viel öfter in die Kundenperspektive zu versetzen, um anschließend mutig zu sein, auch mal neue Wege zu probieren. Die Versicherungsbranche verändert sich. Und egal, ob ich als Makler schon viele Jahre im Geschäft bin oder mir gerade erst einen Kundenstamm aufbauen, ich muss mich an diese Veränderung anpassen. Teilweise ist es sogar eine große Chance, sich freizuschwimmen.

Headerbild: © Adobe Stock / Drazen

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