„Die DIN-Norm schafft wieder mehr Vertrauen in die Branche“

ei der Finanzanalyse von Privathaushalten können Makler sich an der DIN-Norm 77230 orientieren und sich entsprechend zertifizieren lassen. Wie das funktioniert und welchen Nutzen sie davon haben, erklärt Dr. Klaus Möller, Vorstand der Defino Institut für Finanznorm AG.

Redaktion Maklerimpuls: Herr Dr. Möller, die DIN 77230 legt seit Februar 2019 Normen für die Basis-Finanzanalyse von Privathaushalten fest. Viele fragen immer noch: Warum soll ich mich als Makler in meinem Job nach einer DIN-Norm richten?

Dr. Klaus Möller: Im Grundsatz geht es darum, mangelndes Vertrauen wiederherzustellen. Der Ruf der Finanzbranche ist nach wie vor schlecht, aber wir erstarren vor Kritik oft wie das berühmte Kaninchen vor der Schlange. Es wurde Zeit, dass die Branche wieder „vor die Welle“ kommt, und da ist eine Normung ein probates Mittel. Bei der Finanzanalyse von Privathaushalten sieht es doch so aus: Wenn ich mit meinen Unterlagen zu zehn verschiedenen Maklern gehe und jeden frage: „Wie bin ich aufgestellt? Was soll ich tun?“, dann bekomme ich zehn verschiedene Antworten. Das ist nicht vertrauensstiftend. Bei einer Analyse nach DIN-Norm kann das nicht passieren.

Redaktion Maklerimpuls: Ein Kritikpunkt lautet: Eine solche Standardisierung ist gar nicht möglich, weil jede Beratung individuell sein muss …

Dr. Klaus Möller: Dem liegt ein Verständnisfehler zu Grunde. Es geht bei der DIN-Norm 77230 nicht um Beratung, es geht um Analyse. Ein standardisierter Analyseprozess führt ja gerade zu einem objektiven, hochgradig individuellen Ergebnis, auf dem dann eine optimale Beratung aufbauen kann.

Redaktion Maklerimpuls: Wie wird die Norm konkret umgesetzt?

Dr. Klaus Möller: Sie gibt detailliert vor, welche Daten ich vom Kunden abfragen muss, damit ich wirklich zu einem ganzheitlichen Bild komme. Dazu gehört zum Beispiel die Einnahmen- und Ausgabensituation, die allgemeine Vermögenslage, Liquidität und bestehende Darlehen, aber auch Dinge wie Wohnsituation und Familienstand. Welche spezifischen Lebensrisiken gibt es? Welche Hobbys hat der Kunde? Leben Tiere im Haushalt? Aus all dem ergibt sich ein vollständiges Bild. Es zeigt klar, welche Risiken ein Haushalt hat und welche Notwendigkeiten sich daraus ergeben, um diese Risiken abzudecken. Die Norm stellt sicher, dass dabei keine Themen ausgespart werden. Ziel ist es, die Analyse und die darauf aufsetzende Beratung von der Interessen-Gesteuertheit durch den Makler beziehungsweise durch ein Versicherungsunternehmen freizumachen und die Kundenorientierung in den Mittelpunkt zu stellen.

Redaktion Maklerimpuls: Makler sind aber nicht verpflichtet, die Norm anzuwenden. Was haben Vermittler davon, wenn sie das dennoch tun und sich auch entsprechend zertifizieren lassen?

Dr. Klaus Möller: Es gibt eine ganze Reihe praktischer Vorzüge. Kunden öffnen sich sehr viel stärker, wenn sie merken: Da will einer nicht ausprobieren, was er mir noch alles verkaufen kann, mir wird vielmehr eine objektive Analyse angeboten.  Dadurch erhält der Makler ein umfassendes Bild von der Finanzsituation des Kunden. Das bietet enormes Cross-Selling-Potenzial. Nach den bisherigen Erfahrungen erhöht sich mit der Anwendung der Norm auch die Vertragsdichte. Ich kenne Maklerbüros, die auf einen Durchschnitt von 15 Verträgen pro Familienkunde kommen. Das stabilisiert die Kundenbeziehung. Außerdem erhöht sich der Wert des Kundenbestandes, weil mehr Informationen vorliegen. Und nicht zuletzt hilft die Anwendung der Norm auch bei Haftungsforderungen. In Zukunft wird es mit Sicherheit so sein, dass beim Vorwurf der Fehlberatung vor Gericht die Frage gestellt wird, ob die Beratung auf der DIN-Norm basierte. Wenn das der Fall war, führt das zu einer Beweislastumkehr zu Gunsten des Maklers.

Redaktion Maklerimpuls: Was muss ich als Makler tun, um ein Zertifikat zu bekommen?

Dr. Klaus Möller: Sie müssen eine schriftliche und mündliche Prüfung ablegen, die bei Defino zurzeit vollständig online durchgeführt wird. Das notwendige Wissen vermitteln Lehrgänge unterschiedlicher Weiterbildungsanbieter oder hauseigene Akademien von Versicherungsunternehmen. Auch der Umgang mit entsprechenden Software-Tools muss erlernt werden. Es gibt inzwischen acht oder neun Programme, die ebenfalls von uns geprüft und zertifiziert sind.

Redaktion Maklerimpuls: Mit welchen Kosten muss man dabei rechnen?

Dr. Klaus Möller: Bei uns kostet die Zertifizierung 380 Euro und die alle zwei Jahre notwendige Erneuerung 80 Euro. Diese Ausgaben sind mehrwertsteuerfrei. Bei den benötigten Tools haben wir eine Preisspanne von etwa 30 bis 50 Euro.

Fazit: Die DIN Norm 77230 scheint tatsächlich eine Möglichkeit zu sein, mit der Makler die Analyse der Finanzsituation ihrer Kunden optimieren und darauf eine gezieltere Beratung aufbauen können. Wer Kosten und Aufwand nicht scheut, kann sich mit einer Zertifizierung gut für die Zukunft aufstellen.

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